6. Projektphasen (6/7)
An dieser Stelle wird zunächst die qualitätsbezogene Terminologie erläutert, wie sie in diesem Kurs verwendet wird.
Qualitätsmanagement zielt darauf ab, dass Organisationen ein System aufbauen und einsetzen, welches auf einem vollständigen Erfassen von Kundenbedürfnissen beruht und das aufgrund seiner definierten Prozesse zur Herstellung eines qualitativ hochwertigen Produkts und somit letztlich zu Kundenzufriedenheit führt.
Qualitätssicherung - Teil des Qualitätsmanagements, der auf das Erzeugen von Vertrauen darauf gerichtet ist, dass Qualitätsanforderungen erfüllt werden [DIN EN ISO 9001:2015]. Dies zeigt sich beim Management bestehender und neuer Ressourcen (Humanressourcen und andere Ressourcen) durch die Einhaltung von Normen und die Einführung von Schritten zur Qualitätslenkung.
Qualitätslenkung ist Teil des Qualitätsmanagements und ein der Qualitätssicherung untergeordneter Prozess. Sie zielt darauf ab, Qualitätsanforderungen zu erfüllen und bezieht sich auf die einzelnen Schritte, die zu unternehmen sind, um die Qualität des Projekts zu garantieren. In Übersetzungsprojekten beinhaltet Qualitätslenkung sprachliche und technische Handlungsschritte wie etwa Korrekturlesen, fachliche Prüfung, Fahnenkorrektur und Software-Tests.
Jedes Übersetzungsprojekt durchläuft zwei Hauptphasen: die sprachliche und die technische.
Die sprachliche Phase ist entscheidend für den Verlauf jedes Übersetzungsprojekts, da hier unter anderem die korrekte Erfassung der vom Kunden gewünschten Terminologie und stilistischen Vorgaben angesiedelt ist. Nur so kann den Erwartungen des Kunden in angemessener Weise entsprochen werden.
Die technische Phase spielt ebenfalls eine wichtige Rolle, da hierbei gesichert werden soll, dass die in bezug auf Zeit- und Ressourcenersparnis effizientesten Tools und Datenbanken für ein bestimmtes Projekt eingesetzt werden.
Manchmal können aufgrund sehr kurzfristiger Liefertermine oder je nach Zweck des Zieltextes - nur zur Information oder zur Veröffentlichung - einige Schritte innerhalb der beiden Phasen ausgelassen werden.
Die beiden Phasen sind eng miteinander verknüpft und die einzelnen enthaltenen Schritte können und werden sich bei einer Mehrheit der Projekte überschneiden. In einigen Fällen laufen sie parallel zueinander ab und treffen sich erst bei der Endbearbeitung des Produkts wieder.
Der typische Arbeitsablauf der sprachlichen Phase enthält folgende Schritte:
- Ausarbeitung der Grundlagen (durch den Projektmanager) - Vorbereitung der Ausgangstexte, Termextraktion und -recherche, Erfassung zugehöriger Materialien, Alignment-Dateien und geeigneter Translation Memories (dies kann als eigener Planungsschritt angesehen werden). Hier werden Entscheidungen etwa darüber getroffen, ob maschinelle Übersetzung eingesetzt werden soll. Ein weiteres wichtiges Element zu diesem Zeitpunkt ist die Ausarbeitung eines 'Übersetzungsauftrags'. Dieser sollte Informationen über die Zieltextempfänger sowie Erläuterungen zur Verwendung von Terminologie, Stil und Sprachebene enthalten. So kann der Übersetzer festlegen, "ob der Ausgangstext 'übersetzt', 'paraphrasiert' oder komplett 'neu erstellt' werden muss" (ITI, 2003. Translation - getting it right, Editor/Design: Durban/Aparicio).
- Terminologie und Übersetzung - diese Phase stellt den Kernpunkt des Projekts dar. Ihr Erfolg hängt jedoch in hohem Maße von einem guten Management auch der anderen Phasen ab. Eine gute Übersetzung kann nur auf der Grundlage eines guten Übersetzungsauftrags erfolgen. Vor und/oder nach dem eigentlichen Übersetzungsprozess bereiten die Terminologen die Terminologie auf und geben sie zur Verwendung frei.
- Qualitätssicherung - hierfür werden sowohl Humanressourcen wie auch spezielle Tools benötigt:
- Korrekturlesen - Vergleich von Ausgangs- und Zieltext sowie im Bedarfsfall angemessene Korrekturen. Die Übersetzung muss dem festgelegten Übersetzungszweck angepasst sein.
- Fachliche Prüfung - Überprüfung des Zieltextes daraufhin, ob er Zielsetzung und Zieltextempfängern gerecht wird sowie ob er den einschlägigen Textsortenkonventionen entspricht.
- Fahnenkorrektur - Aschließende Prüfung vor der Veröffentlichung.
- Qualitätsbezogene Prozesse - Einsatz von Translation Memory-Tools. Die Verwendung von Translation Memories stellt sicher, dass identische Ausgangstextelement im gesamten Projekt konsistent in die Zielsprache übertragen werden. Auch können diese Tools durch ihre speziellen Terminologie-Module überprüfen, ob nur freigegebene Terminologie innerhalb des Projekts verwendet wird. Wenn ein Unternehmen auf der Grundlage einer oder mehrerer qualitätsbezogener Normen (ISO, CEN oder LISA) zertifiziert ist, müssen die entsprechenden Qualitätsprozesse im Projekt verankert werden. Zur Messung der Qualität können in der Industrie entwickelte Normen wie LISA QA model 3.1 oder ITR Blackjack verwendet werden. Dies ist hilfreich für das Feedback an die beteiligten Übersetzer.
Je nach Art des Projekts kann der Arbeitsablauf der technischen Phase folgende Schritte enthalten:
- Ausarbeitung der Grundlagen (durch den Projektmanager) - Vorbereitung der Texte für die Übersetzung, wobei alle eventuellen Probleme erkannt werden müssen und u.a. festzulegen ist, welche Strings übersetzt werden sollen und/oder welche Strings oder Codes gesperrt werden müssen, damit keine versehentliche Änderung oder Löschung erfolgen kann. Wenn mit TM-Tools gearbeitet wird, können frühere Datenbanken zur Übersetzung neuen Materials herangezogen werden. Die meisten Translation Memory Systeme enthalten ein Tool für Textsegmentierung und Alignment. Hierbei werden Ausgangstextsegemente ihrem entsprechenden zielsprachlichen Textsegment zugeordnet, so dass die Segmentpaare in das Translation Memory eingegeben werden können (s. eCoLoTrain TM-Modul).
- Alignment
- Export und Import von Texten und Screenshots: Verschiedene Anwendungsprogramme - u.a. TM-Tools - können verwendet werden (einige der Aufgaben werden vom DTP-Spezialisten übernommen). Vorbereiten der Ausgangsstrings der Interface-Elemente oder der dynamischen Texte der Bedienoberfläche
- TM-Analyse
- Erstellen der Translation Memories und der Terminologiedatenbanken
- Zugehörige Projekte, zweisprachige Dateien (.ttx-Dateien in Trados oder .dvpng Pack & Go Projekte in DéjàVuX)
- Software/Web-Kompilierung - alle übersetzten/lokalisierten Elemente werden zusammengefügt und bilden so unter Einbeziehung der zielsprachlichen Strings das zielsprachige Produkt. Anschließend können Bildschirmkopien angefertigt und in die zielsprachlichen Hilfedateien sowie in die Dokumentation eingefügt werden.
- Testen der Software/Webseite - Softwareentwickler überprüfen die Funktionalität der Software/Webseite.
- Qualitätslenkung und Auslieferung - Abschließende Kontrolle des Produkts in sprachlicher und technischer Hinsicht. Dies ist manchmal Aufgabe des Projektmanagers. Zusammenstellung der Dateien entsprechend den zu Projektbeginn vom Kunden geforderten Dateiformaten und Benennungsregeln sowie DTP. Zu diesem Zeitpunkt können auch die im Projekt verwendeten Translation Memories und Terminologiedatenbanken durch den Projektmanager auf den neuesten Stand gebracht werden.
Lokalisierungsprojekt - Prozesse
Aus Esselink.B, The Demands of Localization, Vicenza, Juli 2002