4. L10N: Was - wer - wie (4/5)
4.3 L10N: Wie?
In einem Lokalisierungsprojekt gibt es verschiedene Prozesse, die mit Fragen der Linguistik, der Technik und des Projektmanagements zu tun haben, und vor Beginn geplant und vorbereitet werden sollten. Wie zuvor gesagt, ist jedes Lokalisierungsprojekt einzigartig. Trotzdem können einige der folgenden Prozesse als typische Prozesse innerhalb eines Lokalisierungsprojekts festgehalten werden (nicht geordnet):
- Die Prozesse der Softwaretechnik und des Testens der Software beinhaltet technische Aspekte der Softarelokalisierung, die zu Beginn und am Ende eines Lokalisierungsprojekts in Angriff genommen werden sollten. Normalerweise sind Lokalisierungs- oder Testing-Engineers verantwortlich für das Erledigen der in dieser Phase anfallenden Aufgaben. Einige dieser Aufgaben sind z.B.:Internationalisierung von Software: Dies ist eine Aufgabe im Rahmen der Softwareentwicklung. Dazu gehört es, Text und Software-Quellcodes zu trennen oder die Software so einzurichten, dass die Zeichensätze und die lokalen Standards einer bestimmten Sprache oder eines bestimmten Landes unterstützt werden.
- Vorbereitung des Projekts: Dies sollte zu Beginn eines Projekts erfolgen. Es geht darum, das zu übersetzende Ausgangsmaterial auf seine Vollständigkeit hin zu überprüfen (sind alle zu lokalisierende Dateien vollständig? Gibt es Anweisungen?), das Kompilieren der Software vorzunehmen (Gibt es eine bestimmte Vorgehensweise für das Kompilieren? Können Kommandos, Schaltflächen und Dialogfelder angepasst werden, wenn der übersetzte Text länger als das Original ist? Soll lokale Information in der Resource-Datei geändert werden?) (siehe auch L10N 3 Dateiformate), die Übersetzung vorzubereiten (Welche Dateien müssen übersetzt werden? Gibt es bereits Übersetzungen, die wiederverwendet werden können? Was soll nicht übersetzt werden? Welches Softwarelokalisierungstool soll, wenn überhaupt, verwendet werden? Soll ein TM verwendet werden?)
- Entwickeln und Testen der lokalisierten Software: Hierbei handelt es sich um Aktivitäten wie das Anpassen der übersetzten Software-Benutzeroberfläche (Schaltflächen, Dialogfelder etc.), das Kontrollieren und Testen von Hot Keys (unterstrichener Buchstabe oder Zahl in einem Menübefehl oder einem Dialogfeld in Kombination mit der Alt-Taste), das Kompilieren der lokalisierten Resource-Dateien zu einer lauffähigen Anwendung (im Fall von Software- oder Online-Hilfe), wie auch der Funktionstest der Software (das Sicherstellen, dass die übersetzte Version der Software funktioniert) und das Erstellen von Screenshots der lokalisierten Version, u. ä.
- Hilfe für Lokalisierungsprojekte: Softwareentwickler sollten Projektmanagern, Übersetzern und Lokalisierern jederzeit während des Lokalisierungsprozesses helfen, falls Probleme technischer Art auftreten
Der Projektmanagement-Prozess (siehe auch eCoLoTrain PM Modul) ist grundlegend in der Lokalisierung und findet von Anfang bis Ende des ganzen Lokalisierungsprojekts statt. Die verantwortlichen Fachkräfte für den PM-Prozess sind Projektmanager, die den Zeitplan für alle Projektkomponenten und -aktivitäten erstellen und das Projekt überwachen. Einige der Aktivitäten beinhalten:
- Erstellung des Budgets: Um ein Budget für ein Lokalisierungsprojekt zu erstellen, müssen verschiedene Faktoren beachtet werden, zum Beispiel: erwarteter Umfang und Wortpreise der nach außen vergebenen Übersetzungen, Kosten für bestimmte Ressourcen (z.B. Stundensätze), erwartete für die einzelnen Aufgaben aufzubringende Zeit, Zusatzkosten für das Projekt (z.B. Beschaffung weiterer Software etc.), Prozentsatz für unerwartete Ausgaben (Nacharbeiten, Überstunden) etc.
- Zeitmanagement: Der Zeitplan muss zu Beginn eines Lokalisierungsprojektes erstellt werden. Das Ziel besteht darin, den Beginn und das Ende für alle Teilaufgaben des Projektes festzulegen, z.B. für: Erstellung der Terminologie und Vorbereitung des Glossars, Einrichtung des Projekts und Vorbereitung (Untersuchung des Ausgangsmaterials und Extraktion der zu übersetzenden Texte), Übersetzung von Software und Dokumentation, Entwicklung und Erprobung der Software, Vorbereitung des Layouts der Dokumentation, Qualitätssicherung und endgültige Fertigstellung
- Einrichtung des Projekts: Enige der wichtigen Schritte bei der Einrichtung eines Projekts sind die folgenden: Organisation der Projektevaluation für alle Projektkomponenten (Was muss lokalisiert werden? Was ist zu liefern?), Erstellung eines Projektordners für das ganze Material (Speichern aller Projektdateien an einem zentralen Ort), Erstellung eines Projektzeitplans, Erstellung des Budgets und des Qualitätsplans (Definieren der Schritte für das Qualitätsmanagement), Erstellung eines Kommunikationsplans (externe und interne Kommunikation)
- Koordination der Terminologie und, falls notwendig, der Translation Memories (TMs): Die Aufgaben von Projektmanagern im Hinblick auf die Terminologie bestehen für gewöhnlich in der Überprüfung und Freigabe allgemeiner und produktspezifischer Terminologie, in der Vorbereitung von Glossaren oder Terminologiedatenbanken für das Projekt oder der Unterstützung von Übersetzern bei der Erstellung von Terminologie-Glossaren, in der Evaluation der Terminologiemanagement- und Glossar-Tools etc. Sie sind auch verantwortlich für die Erstellung oder Vorbereitung von Translation Memories für Lokalisierungsprojekte. Eine goldene Regel lautet, dass Projektmanager den Übersetzern genügend Referenzmaterial zur Verfügung stellen sollten, wie auch eine Kopie der Software, Online-Hilfe- oder gedruckten Dokumentation (siehe nächsten Abschnitt "Übersetzung")
- Auswählen des Personals und der Tools: Das Personal (Lokalisierer, Übersetzer und Mitarbeiter) und die geeigneten Übersetzungs- und Lokalisierungstools für das Projekt müssen nach den Anforderungen des Kunden, der Ressourcenart etc. ausgewählt werden.
- Interne Kommunikation: Projektmanager sollten interne Kommunikation ermöglichen, so dass alle Mitglieder des Teams ihre Verantwortlichkeiten, die neuesten Entwicklungen und alle Änderungen oder Aktualisierungen des Projekts kennen.
- Externe Kommunikation: Kommunikation mit den Kunden muss geführt werden. Die Kunden müssen informiert werden über nicht eingehaltene Termine, Verzögerungen oder andere Projektprobleme. Externe Kommunikation mit den Kunden kann auch regelmäßige Statusmeldungen beinhalten
- Vermittlung zwischen Übersetzern und Kunden: Manchmal erlauben Kunden die direkte Kommunikation zwischen ihrem für die Entwicklung zuständigen Personal und den Lokalisierungsfachkräften, wo dann ggf. vermittelt werden muss.
Der Übersetzungs-Prozess beinhaltet alle Aktivitäten, die mit der Übersetzung von Software und Dokumentation zusammenhängt, wie auch mit der Erstellung und Pflege von Sprachrichtlinien, Terminologie, Translation Memories etc.:
- Softwareübersetzung: Dies beinhaltet die Übersetzung der grafischen Elemente der Benutzeroberflächen von Software (Dialogfelder, Menüs, Fehler- oder Statusmeldungen etc.) und Beispieldateien. Normalerweise findet die Softwareübersetzung unter Verwendung von Softwarelokalisierungs- und/oder Translation Memory-Tools statt.
- Übersetzung von Dokumentation: Hierbei geht es um die Übersetzung gedruckter Dokumentation und Online-Dokumentation (Online-Hilfe, Online-Handbücher und Webseiten). Normalerweise werden hierzu Translation Memory-Tools verwendet und es handelt sich um die größte Übersetzungskomponente der meisten Lokalisierungsprojekte.
- Terminologie: Sprachspezialisten, die für die Terminologie in einem Lokalisierungsprojekt verwantworlich sind, haben für gewöhnlich die folgenden Aufgaben: Überprüfung und Freigabe allgemeiner und produktspezifischer Terminologie, Pflege von Terminologiedatenbanken, Terminologierecherche, Überwachung der Verwendung von Terminologie- und Glossarverwaltungs-Tools.
- Pflege von Translation Memories (TMs): TMs (siehe auch eCoLoTrain TM-Modul) ermöglichen die Wiederverwendung der Übersetzungen vorheriger Projekte. Software-Produkte werden mindestens einmal im Jahr, Webseiten sogar täglich aktualisiert.
- TM-Tools sind sehr beliebt in der Softwarelokalisierungsindustrie. Wenn TMs in einem Lokalisierungsprojekt verwendet werden, gibt es viele Aspekte, die Projektmanager oder leitende Übersetzer berücksichtigen müssen, z.B.:
- Werden die Projekt-Dateiformate vom TM-Tool unterstützt?
- Müssen die Resource-Dateien konvertiert werden, bevor das verfügbare TM-Tool sie benutzen kann?
- Sind die TM Segmentierungsregeln passend für die Ausgangsdateien des Projekts?
- Wie hoch ist die Anzahl von internen und externen Treffern im TM, damit die voraussichtlichen Kosten des Projekts kalkuliert werden können?
- Wie ist er Prozentsatz von exakten Treffern und Fuzzy Matches für die Preisschätzung des Projekts?
- Ist es möglich ein Alignment mit zuvor erstellten Übersetzungen vorzunehmen?
- Wie werden die Translation Memories den Übersetzern zur Verfügung gestellt werden (server-basierte vs. lokale TMs)?
- Übersetzungsüberprüfung: Je nach Lokalisierungs- und Übersetzungsunternehmen wird der Übersetzungsvorgang von Redakteuren oder leitenden Übersetzern und/oder Korrektoren überwacht. Normalerweise werden Übersetzungen entweder von einem Redakteur oder vom leitenden Übersetzer überarbeitet. Sie sind verantwortlich für die konsistente Verwendung von Terminologie und Stil wie auch für die sprachliche und technische Angemessenheit. Sie sollten sich sehr gut mit dem Projektthema auskennen und Ausgangs- und Zielsprache fließend beherrschen. Oft erledigen auch Korrektoren die sprachliche Qualitätskontrolle des Endprodukts, d.h sie lesen die übersetzten Texte aus der Perspektive der Endnutzer. Weitere Informationen zu Übersetzungsprojekten finden Sie hier.
DTP-Experten sind normalerweise verantwortlich für die DTP-Aufgaben in einem Lokalisierungsprojekt. Damit sie effizient arbeiten können, benötigen sie oft eine Serie an Software-Anwendungen - wie Adobe FrameMaker, QuarkXPress, und Tools aus der Adobe Acrobat-Serie, etc. Einige zum DTP-Prozess in der Softwarelokalisierung gehörende Aufgaben sind:
- das Konvertieren von DTP-Formaten für das Editieren in TM-Tools: Heute sind TM-Tools mit Filtern ausgestattet, die es den Benutzern möglich machen mit den normalen Standardformaten (HTML/SGML/XML, FrameMaker, Adobe PageMaker, Adobe InDesign, etc.) zu arbeiten. Für die Lokalisierung wir der Ausgangstext normalerweise in das TM-Tool importiert und nach der Übersetzung wieder in sein Ausgangsformat exportiert.
- Intergrieren und Anpassen von Grafiken und Bildschirmkopien: Da Grafiken und Bildschirmkopien für gewöhnlich in die Dokumentation oder Online-Hilfe eingebettet oder damit verknüpft werden, müssen sie auch lokalisiert werden. Normalerweise erstellt der Lokalisierungsengineer (oft auch der Übersetzer) die neuen Grafiken oder Bildschirmkopien der lokalisierten Softwareanwendung und fügt sie an der richtigen Stelle in die Dokumentation oder in die Handbücher ein.
- Überprüfung des Layouts der gedruckten und der Online-Dokumentation: Sofer nicht anders vom Kunden festgelegt, müssen das endgültige Layout, Typografie und Formate der gedruckten und der Online-Dokumentation mit der Ausgangsdatei übereinstimmen. Einige Aspekte, die DTP-Experten oder Projektmanager/leitende Übersetzer bei der Fertigstellung der Seiten- und Absatzformatierung beachten müssen, sind die folgenden: Seitenzahlen, Spracheinstellungen, Tabellendefinitionen, Anmerkungen, Warnhinweise etc. Andere kulturspezifische Elemente, die ebenfalls überprüft werden sollten, sind: Schriftart und -größe, Zeichenabstand, Attribute wie fett, kursiv und Zeichensetzung.
Bezüglich Qualität ist es wichtig, zwei Begriffe zu unterscheiden: Qualitätssicherung (Eng.: quality assurance) (QA) und Qualitätskontrolle (Eng.: quality control) (QC). Qualitätssicherung (QA) bezieht sich auf die Schritte und Prozesse, die notwendig sind, um ein qualitativ hochwertiges Endprodukt sicherzustellen, das den Standards genügt. Die Qualitätskontrolle (QC) ist ein dem QA untergeordneter Prozess, bei dem es darum geht, die Qualitätsanforderungen aus technischer und linguistischer Sicht zu erfüllen, wie Korrekturlesen, fachliche Prüfung, Fahnenkorrektur und Software-Tests. Normalerweise sind Projektmanager verantwortlich für die Qualitätssicherung (QA) und die Lokalisierungsunternehmen für die Qualitätskontrolle (QC) im Hinblick auf das Funktionieren des lokalisierten Produkts. Weitere Aufgaben, die einen Teil des QA-Prozesses in der Lokalisierung darstellen, sind:
- Der Internationalisierungstest: Produkte sollten vor der Lokalisierung getestet werden, um herauszufinden, ob sie internationalisiert wurden, damit Probleme während des Lokalisierungsprozesses vermieden werden können. Wenn das nicht getan wird und die Anwendung nicht internationalisiert wurde, werden die Probleme später in allen Zielsprachen gelöst werden müssen. Normalerweise wird der Internationalisierungstest während der Entwicklungsphase des Produkts durchgeführt und kontentriert sich auf die Sprachunterstützung der Anwendung, z.B. wie gut die Sprachen, länderspezifischen Einstellungen (Datum, Zeit und Währung) und der Zeichensatz unterstützt werden.
- Der Lokalisierungstest: Lokalisierungsunternehmen sind für gewöhnlich verantwortlich für den Lokalisierungstest. Dieser Test sollte separat für jede Sprachversion der bereits lokalisierten Softwareanwendung durchgeführt werden und beinhaltet einen sprachlichen Testund einen kosmetischen Test.
- Der sprachliche Test: Dieser Test konzentriert sich auf alle sprachbezogenen Aspekte der lokalisierten Anwendung und sollte vom Lokalisierer oder Übersetzer mit Hilfe eines Lokalisierungstechnikers durchgeführt werden. Jedes Menü, jedes (dynamische) Dialogfeld und so viele Strings wie möglich sollten überprüft werden. Folgende Punkte sollten bei der Durchführung dieses Tests beachtet werden: Wurde der ganze Text übersetzt? Werden Dialogfelder und Fehlermeldungen vollständig angezeigt? Werden Zeichen mit diakritischen Symbolen korrekt angezeigt? Wurden Anpassungen bei Symbolen, Grafiken oder Sound-Elementen für die Zielsprache vorgenommen? Werden Strings mit Variablen während der Anwendung korrekt angezeigt? Werden Hot Keys konsistent zugeordnet? Etc.
- Der kosmetische Test: Diese Art von Test beinhaltet alle visuellen Aspekte der lokalisierten Anwendung, wie z.B. Dialogfelder, Menüs, Meldungen und Nachrichten. Einige zu berücksichtigende Aspekte bei der Durchführung eines kosmetischen Tests sind die Folgenden: Wurden Dialogfelder richtig angepasst? Passen alle Menüpunkte, Statusanzeigen, Dialogfelder in allen Bildschirmauflösungen auf den Bildschirm? Zeigen alle lokalisierten Versionen die gleiche Anzahl an Menüs, Optionen und Befehlen wie die Original-Anwendung? usw.
- Der Funktionstest: Er wird durchgeführt, um das Funktionieren der lokalisierten Anwendung zu testen. Die Funktionstest des Programms greift oft den Test-Prozess wieder auf, der in der Anfangsphase des Projekts mit dem ausgangssprachlichen Produkt durchgeführt werden sollte. Um einen solchen Funktionstest durchzuführen, sollte die Übersetzung abgeschlossen und endgültig sein.
(nach Esselink, 2000)